Am 4. Februar 2025 steht der
Weltkrebstag unter dem neuen Motto "Gemeinsam einzigartig"
oder international "United by Unique".
Dieser Tag betont, dass hinter jeder Krebsdiagnose ein Mensch mit seiner
eigenen Geschichte steht. Das Motto verdeutlicht, dass Krebspatienten zwar
durch ihre Diagnose miteinander verbunden sind, jedoch jede Geschichte
individuell ist. Krebs beeinflusst das Leben der Betroffenen und ihrer Umgebung
tiefgreifend und persönlich. Jede:r hat unterschiedliche Bedürfnisse.
Maria Claudia Bertagnolli, Präsidentin der Südtiroler Krebshilfe, hebt die Wichtigkeit
eines modernen, menschenzentrierten Ansatzes in der Krebsversorgung hervor.
„Die moderne Krebsversorgung zielt darauf ab, den Menschen in den Mittelpunkt
zu stellen und nicht nur die Krankheit zu behandeln. Ein personenzentrierter
Ansatz berücksichtigt die Einzigartigkeit jeder Person und bindet Betroffene
aktiv in Therapieentscheidungen ein. Auch Familie und Freunde spielen dabei
eine wichtige Rolle“, erklärt Bertagnolli.
In den kommenden drei Jahren wird der
Weltkrebstag, der jedes Jahr am 4. Februar begangen wird, dazu beitragen, das
Bewusstsein zu schärfen und Maßnahmen zur Verbesserung der Krebsversorgung zu
ergreifen. „Gemeinsam können wir eine Welt gestalten, in der wir über die
Krankheit hinausblicken und die Person vor dem Patienten sehen“, so Bertagnolli
weiter.
Seit ihrer Gründung vor mehr als 40
Jahren setzt sich die Südtiroler Krebshilfe dafür ein, die Versorgung von
krebskranken Menschen kontinuierlich zu verbessern. Sie ist in den Bereichen der
Bewusstseinsbildung von Prävention und Früherkennung, Therapie, medizinische
Nachsorge und psychosoziale Versorgung tätig. Mit Direkthilfen aus dem
Härtefonds steht die Organisation krebskranken Menschen direkt zur Seite. Die
Südtiroler Krebshilfe wird weiterhin daran arbeiten, die Unterstützung für
Betroffene und ihre Familien zu verbessern und die Einzigartigkeit jedes
Individuums zu würdigen.
Die Bedeutung der
Zusammenarbeit zwischen Onkologen und Psycho-Onkologen in der klinischen Praxis
Dr. Luca Tondulli, Primar der Onkologie am Krankenhaus
Bozen, hebt die Wichtigkeit hervor, nicht nur
die Krankheit, sondern auch die sozialen und psychischen Auswirkungen von Krebs
zu berücksichtigen.
„Die sozialen und
psychischen Auswirkungen einer Krankheit auf den Patienten und seine Familie
sind immer von großer Bedeutung, insbesondere wenn es um Krebs geht. Dieser
Begriff erzeugt normalerweise Gefühle von Angst, Schock und Sorge um die
Zukunft sowie eine Reihe von Emotionen, die so intensiv sind, dass sie die
Gelassenheit der Menschen beeinträchtigen und oft ihre Fähigkeit, sich selbst
und anderen zuzuwenden. Dies kann sogar die Motivation, den Therapieweg zu
gehen, hemmen“, erklärt Dr. Tondulli.
In diesem Zusammenhang muss
die Behandlung von Krebspatienten nicht nur darauf ausgerichtet sein, ihre Überlebenschancen
zu erhöhen, sondern auch die notwendigen Ressourcen zur Verbesserung ihrer
Lebensqualität bereitzustellen und die physischen und psychischen Folgen der
Krankheit zu mindern.
„Es ist daher unerlässlich,
dass ein integrierter Behandlungsweg in einem multidisziplinären Kontext
eingerichtet wird, in dem Onkologen und Psychoonkologen eng zusammenarbeiten“,
so Dr. Tondulli weiter.
„Durch die Zusammenarbeit
können wir das Empowerment des Patienten fördern, ihre Mitsprache bei
Therapieentscheidungen während aller Stadien der Krankheit unterstützen und die
notwendigen Ressourcen bereitstellen, um den allgemeinen Gesundheitszustand zu verbessern.
Dies umfasst die Erfüllung der körperlichen, psychologischen, sozialen,
beruflichen und emotionalen Bedürfnisse der Betroffenen“ erklärt Dr. Tondulli.
Diese ganzheitliche
Herangehensweise stellt sicher, dass nicht nur die Krankheit, sondern der
Mensch in seiner Gesamtheit betrachtet wird, um eine bestmögliche
Lebensqualität während und nach der Behandlung zu gewährleisten.
Resilienz und
Bewältigungsstrategien: Wie psychoonkologische Unterstützung Krebspatienten und
ihre Familien stärkt
Psychoonkologin Dr.in
Brigitte Greif vom Psychologischen Dienst
Krankenhaus Meran unterstreicht die Belastung, die eine Krebserkrankung nicht
nur für die betroffene Person, sondern auch für deren Familie darstellt. „Die
Diagnose kann Ängste, Unsicherheiten und emotionale Herausforderungen
hervorrufen, die das gesamte familiäre System betreffen“, erklärt Dr.in Greif.
Ein wesentlicher Bestandteil
der psychoonkologischen Begleitung ist die Stärkung der Resilienz der
Betroffenen und ihrer Familien sowie die Aktivierung von Ressourcen. „Resilienz
bezeichnet die Fähigkeit, sich von Rückschlägen zu erholen, mit Stress umzugehen
und sich an veränderte Lebensumstände anzupassen. Im Kontext einer
Krebserkrankung bedeutet dies, dass Betroffene und ihre Familien lernen, mit
der Diagnose Krebs und den damit verbundenen Herausforderungen umzugehen und
gestärkt daraus hervorzugehen“, erläutert Dr.in Greif.
Dies kann durch offene
Kommunikation, emotionale Unterstützung und die Aktivierung von Ressourcen
geschehen. Indem Bewältigungsstrategien gefördert werden, können Familien in
Krisenzeiten zusammenwachsen und gemeinsam die Herausforderungen bewältigen.
„Es ist wichtig, dass jede
Familie ihren eigenen Weg findet, um mit der Erkrankung umzugehen, und dass sie
dabei die notwendige Unterstützung erhält“, betont Dr.in Greif.
Die psychoonkologische
Begleitung zielt darauf ab, die psychische Gesundheit der Betroffenen und ihrer
Angehörigen zu fördern und zu unterstützen.
Lebensstil als Risikofaktor
Zuwenig Bewegung, ungesunde
Ernährung, Übergewicht, übermäßiger Alkoholkonsum und Rauchen: Der Lebensstil
gilt als Hauptursache für das Auftreten einer Krebserkrankung und gilt bei zwei
von drei Neuerkrankungen als Risikofaktor. „Vergleicht man Südtirol mit dem
Rest Italiens, so schneidet laut der PASSI Studie 2022-2023 unsere Provinz bei
den wichtigsten Risikofaktoren sehr gut ab. Eine wichtige Ausnahme gibt es
allerdings: den Alkoholkonsum“, informiert Dr. Guido Mazzoleni, Volontär beim
Tumorregister Südtirol und Präsident des Ärztebeirates der Südtiroler
Krebshilfe.
Früherkennungsprogramme in
Südtirol
„Die
Teilnahme an den kostenlosen Screening-Programmen in Südtirol ist ein wichtiger
und effektiver Weg, um Krebserkrankungen frühzeitig zu diagnostizieren und zu
behandeln“, unterstreicht Dr. Guido Mazzoleni.
Die Daten von
2023 zeigen eine Beteiligung der Südtiroler Bevölkerung an onkologischen
Screening-Programmen mit folgenden Ergebnissen:
·
Früherkennung
von Gebärmutterhalskrebs (Pap-Test oder HPV-Test): 29 % (Die Gesamtabdeckung
beträgt mehr als 90%).
·
Früherkennung von Brustkrebs (Mammographie): 61%.
·
Früherkennung
von Darmkrebs (Untersuchung des okkulten Blutes im Stuhl): 40%.
Für 2024 waren
die NSG-Abdeckungsindizes (Neues Garantiesystem: Anteil der Personen, die im
Jahr der Erhebung in einem organisierten Programm Tests erster Stufe
durchgeführt haben, im Verhältnis zur Zielpopulation) folgende:
·
Früherkennung
von Gebärmutterhalskrebs (durch Pap-Test oder HPV-Test): 45%
·
Früherkennung
von Brustkrebs (durch Mammographie): 60%
·
Frühdiagnose
von Darmkrebs (durch Untersuchung des okkulten Blutes im Stuhl): 36%.
Häufigkeit und Arten von
Krebserkrankungen in Südtirol
"Ohne
Berücksichtigung von Hautkrebs, der nicht durch Melanom verursacht wird, wurden
im 5 Jahresabschnitt (2017-2021) in Südtirol durchschnittlich 3.038 neue Tumorfälle
pro Jahr registriert, davon 1.669 bei Männern und 1.369 bei Frauen. Auf der
Grundlage der Bevölkerungsstruktur von 2024 werden somit rund 1.800 neue Fälle
bei den Männern und 1.400 bei den Frauen geschätzt", so Mazzoleni weiter.
Im Zeitraum
2017-2021 war der Prostatakrebs der häufigste Tumor bei Männern (25% aller
Fälle im Vergleich zu einer nationalen Schätzung von 19%), gefolgt vom
Dickdarmkrebs (10% gegenüber 15%), der Harnblase (10% gegen 13%) und Lunge (9%
gegen 12%). Die Frauen erkrankten hauptsächlich an Brustkrebs (29%, im
restlichen Italien 30%), gefolgt von Dickdarm- und Lungenkrebs (10% gegenüber
12%) (8% gegenüber 7%).
"Insgesamt
zeigt die zeitliche Entwicklung der beobachteten Werte im Fünfjahreszeitraum
2017-2021 eine wesentliche Stabilität des Trends bei den beiden Geschlechtern, auch
wenn die Zahl der Fälle zunimmt", so Mazzoleni.
Mortalität
Die
neuesten verfügbaren Mortalitätsdaten (2019-2023) zeigen, dass in Südtirol im
Durchschnitt 1.195 Personen jährlich an einer Krebserkrankung sterben. Der
Anteil der Männer ist dabei mit 646 Personen dabei etwas höher war als jener
der Frauen (549 Personen).
Auswirkungen der
Covid-19-Pandemie
„Im Hinblick auf die
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie hat das Landesgesundheitssystem gegenüber
Brust- und Darmkrebs gut standgehalten, wobei ab
dem Jahr 2021 die Untersuchungen und Maßnahmen wieder verstärkt aufgenommen wurden.
Auch
wenn im Jahr 2020 eine Verringerung der Tumorinzidenz, insbesondere bei Brust
und Prostata, zu verzeichnen war, ist diese ab 2021 wieder angestiegen“, so Dr.
Mazzoleni.
Dr. Mazzoleni betont abschließend die
Bedeutung des Gesetzes zum Recht auf onkologische Vergessenheit (vom 5.
Dezember 2023), welches durch das Ministerialdekret vom 22. März 2024 ergänzt
wurde. Dieser Erlass legt fest, wie lange nach dem Ende einer Behandlung es
dauert, bis eine Person als geheilt gilt, abhängig vom Ort und dem Ausmaß der
Krebserkrankung.